Die Geschichte der Postbaugenossenschaft Baden-Württemberg – Chronik
Die Anfänge
Die Postbaugenossenschaft Baden-Württemberg eG wurde im Jahr 1949 in Tübingen als Postbaugenossenschaft Tübingen eGmbH gegründet. Als im Mai 1945 die sinnlose Kriegszerstörung des zweiten Weltkriegs ihr Ende gefunden hatte, herrschte große (Wohnungs-)Not in Deutschland. Die erschreckende Wohnraumbilanz des Krieges: 4,5 Mio. Wohnungen zerstört, 2,5 Mio. Wohnungen beschädigt, 3,5 Mio. Wohnungen in abzutretenden Gebieten gelegen und 12 Mio. Menschen auf der Suche nach einer neuen Heimat. Infolgedessen musste die Bevölkerung eng zusammenrücken – durchschnittlich teilten sich etwa acht Personen eine Wohnung. Eine Lösung der Misere war zunächst nicht in Sicht, denn überall fehlte es an Baumaterialien und die Reichsmark hatte praktisch keinen Wert mehr.
Um sowohl die Bevölkerung als auch die Wirtschaft in die Lage zu versetzen, das Nachkriegschaos zu überwinden, musste nach Kriegsende in erster Linie Bahn und Post zum Funktionieren gebracht werden. So wurde in Tübingen, damalige Hauptstadt des Landes Württemberg-Hohenzollern, ab November 1945 eine Oberpostdirektion errichtet.
Durch die Währungsreform 1948, als die Deutsche Mark eingeführt wurde, und die Gründung der Bundesrepublik Deutschland 1949, normalisierten sich die Dinge langsam wieder. Zudem wurde zeitgleich die Deutsche Bundespost gegründet, in die auch die Oberpostdirektion Tübingen übernommen wurde. Wegen des folgenden Aufschwungs der Post wurde immer mehr Personal beschäftigt und die Notwendigkeit Wohnraum zu schaffen, nahm parallel zu. Den Postdienststellen und der Oberpostdirektion war es fortan ein wichtiges Anliegen, Wohnungsfürsorge zu betreiben. Denn sie wussten: Ein ordentlich untergebrachter, ausgeruhter und in der Nähe seiner Arbeitsstätte wohnender Mitarbeiter, kann seine beruflichen Aufgaben besser meistern als ein Kollege in Wohnungsnot. Aus diesem Denken heraus gründeten die Oberpostdirektion und die Kreispostgewerkschaft Tübingen auf der Gründungsversammlung am 25.07.1949 die Postbaugenossenschaft Tübingen eGmbH. Vor allem der Gewerkschaftsvorsitzende Johannes Veit, der die leitenden Beamten der Oberpostdirektion um Oberpostrat Alfred Jetter davon überzeugen konnte, dass mit Hilfe einer Genossenschaft der schlimmen Wohnungsnot entgegengetreten werden kann, hatte einen großen Anteil am Gelingen der Unternehmung.
Die Genossenschaft war für den Bereich des Landes Südwürttemberg-Hohenzollern einschließlich des Kreises Lindau am Bodensee vorgesehen, der auch zur französisch besetzten Zone gehörte. Sie fand starken Zuspruch bei den Postlern, die ihr Erspartes in Anteile an der Genossenschaft umwandelten. Anfänglich half die Genossenschaft ihren Mitgliedern in erster Linie beim Wiederaufbau ihrer zerstörten Wohnungen, doch schon im Jahr 1950 baute sie, im Auftrag und mit Hilfe der Post und öffentlicher Mittel, auch eigene Mehrfamilienhäuser.
Bauprojekte im Laufe der Zeit
Der Genossenschaftsanteil der ersten Stunde betrug 300 DM, was zur damaligen Zeit immerhin zwei Monatseinkommen bedeutete. Dennoch verzeichnete die Genossenschaft bereits ein Jahr nach der Gründung 356 Mitglieder. Auch mit den daraus generierten Geldern wurden 1950 die ersten Häuser in Tuttlingen, Auf dem Schildrain mit fünf Wohnungen, und in Tübingen, Eberhard-/Kiesäckerstraße mit neun Wohnungen, gebaut und bezogen. Die Wohnungen hatten zwei bis drei Zimmer und ein eigenes Bad. Die Wohnräume waren teilweise sogar mit Parkettböden ausgestattet – ein Luxus um den die Postler zur damaligen Zeit von Vielen beneidet wurden.
In den Jahren 1953 und 1954 wurde der Tätigkeitsbereich der Genossenschaft auf Südbaden und Nordwürttemberg ausgedehnt und der Name in Postbaugenossenschaft Baden-Württemberg geändert. Mit Hilfe der Postbaugenossenschaft gelang es der Post ihren Beschäftigten guten und bezahlbaren Wohnraum zu beschaffen, damit sie für das stürmisch wachsende Post- und Fernmeldewesen geeignetes Personal gewinnen konnte.
Fünf Jahre nach der Gründung baute die junge Genossenschaft in Leutkirch für 133.772 DM bereits Haus Nummer 32. Die Entwicklung dieses Hauses, mit seinen sechs Wohnungen, gibt einen guten Einblick eines typischen Mietshauses der Genossenschaft. Baubeginn in der Wangener Straße 66 war der 7. Mai 1954, Bezugstermin der 1. Dezember desselben Jahres. Im Laufe der Zeit wurde das Haus immer wieder den sich ändernden Ansprüchen und Möglichkeiten angepasst. So wurde im Jahr 1964 für 600 DM eine Fernsehantenne installiert und 1969 wurden die Kohleöfen für 11.415 DM durch Ölöfen ersetzt. Im Jahr 1992 wurde das Haus vollständig modernisiert. Sanitäranlagen und Elektronik wurden erneuert, neue Fenster mit Rollläden eingesetzt, das Dach wurde neu gedeckt, ein Vollwärmeschutz verbaut und eine Zentralheizung installiert. Die Kosten für die Modernisierung beliefen sich auf 380.000 DM und waren damit fast drei Mal so hoch wie der Neubau 38 Jahre zuvor.
Im Jahr 1974 feierte die Postbaugenossenschaft in Ravensburg das Richtfest ihres bis dato größten Bauprojekts. Für knapp 11 Mio. DM wurden in der Linzgaustraße 25-31 insgesamt 81 Wohnungen gebaut. Das besondere an diesem Vorhaben war, neben der Größe, die Entscheidung auch Umsiedler in die Wohnungen aufzunehmen, da bislang fast ausschließlich für Postler gebaut wurde. Mit dem Bau und dem Vertrieb der großen Zahl an Eigentumswohnungen erweiterte die Genossenschaft ihren Geschäftsbereich um die Verwaltung von Wohneigentum.
Zwischen 1980 und 1984 übernahm die Postbaugenossenschaft insgesamt 351 Wohnungen in 39 Häusern aus dem Bestand der Deutschen Bundespost und schaffte so 18 zusätzliche Standorte in Baden-Württemberg. Da die allermeisten Wohnungen nicht die Standards der Postbaugenossenschaft erfüllten, wurden sie im Laufe der Jahre immer wieder saniert. Als sich dann im Jahr 2000 die Möglichkeit auftat, auch die Erbbaugrundstücke der Deutschen Post AG zu erwerben, war relativ schnell klar, dass die Postbaugenossenschaft tätig wird. Insgesamt wurde ein Preis von 22 Mio. DM für die Grundstücke vereinbart.
Nachdem die Deutsche Post AG als Rechtsnachfolgerin der Deutschen Bundespost nach der Postreform II alle Geschäftsguthaben und Darlehen kündigte, ist die Genossenschaft nun ausschließlich Eigentum der Mitglieder.
Modernisierungen
Die Gründung der Postbaugenossenschaft nach dem zweiten Weltkrieg hatte zum Ziel, möglichst schnell qualitativ hochwertigen Wohnraum zu schaffen. Der ursprüngliche Zustand der Wohnungen entsprach dem damaligen Stand der Technik, genügt den heutigen Ansprüchen und Anforderungen allerdings bei Weitem nicht mehr. Um zufriedene und langjährige Mieter zu gewinnen und angemessene Mietpreise zu erzielen, wird der Bestand laufend gepflegt und modernisiert. Dabei haben sich Modernisierungsart und deren Umfang in den letzten Jahren immer weiterentwickelt, um die Wohnungen auf dem neuesten Stand von Technik und Gesetzeslage zu bringen. Ein Hauptaugenmerk wird dabei immer auf die Gebäudehülle gerichtet. Um Wärmebrücken zu vermeiden und so einer Schimmelbildung vorzubeugen, Wärmeverlust zu verhindern und Heizkosten zu sparen, werden unter anderem die Fassade saniert, die Gebäudehülle gedämmt und isolierverglaste Fenster eingesetzt. Außerdem wird bei jedem zu modernisierenden Gebäude untersucht, ob der Ausbau des Dachgeschosses wirtschaftlich und technisch möglich ist und ob zusätzliche Balkone und Stellplätze geschaffen werden können. Darüber hinaus werden bei dafür geeigneten Gebäuden Sonnenkollektoren für die Warmwasserbereitung angebracht und Photovoltaik-Anlagen installiert.
Doch auch das Innere des Gebäudes steht immer wieder im Mittelpunkt der Modernisierungsmaßnahmen. Auch hier werden viele Schritte ergriffen, um Energie einzusparen. Die Modernisierung der Heizungsanlagen und die Installation von kontrollierten Wohnraumlüftungsanlagen nehmen dabei eine wichtige Rolle ein. Ein großer Wunsch der Mieter bei jedem Vorhaben ist der nach einem neuen, modernen Bad, den die Genossenschaft auch erfüllt. Um die Wohnungen weiter auf dem neuesten Stand der Technik zu halten, werden unter anderem Multimediadosen installiert und neuste Funkablesegeräte verbaut, die den Mietern ermöglichen, am Tag der Ablesung nicht mehr anwesend sein zu müssen.
Der aktuelle Stand
In den vergangenen Jahren ist es gelungen, die Postbaugenossenschaft als freies, unabhängiges Wohnungsunternehmen voranzubringen – insbesondere durch den Kauf der Erbbaugrundstücke von der Deutschen Post und der Auslösung des Geschäftsguthabens und Darlehens. Heute ist die Postbaugenossenschaft unabhängig und erhält keinerlei Zuwendungen. Trotzdem modernisiert sie ihren Bestand in großem Umfang und baut neue Häuser an zukunftsträchtigen Standorten.
Die Postbaugenossenschaft betreibt in Baden-Württemberg an 44 Standorten über 2.200 eigene Wohnungen, daneben fast so viele Garagen und einige gewerbliche Einheiten. Schwerpunkte der Tätigkeit sind die Großräume Stuttgart, Reutlingen/Tübingen, Oberschwaben/Bodensee, die Stadt Freiburg, die Baar, der nördliche Schwarzwald und die Zollernalb. Rund 2.000 Wohnungen sind heute frei von Belegungsbindungen und können von jedem angemietet werden, der Mitglied der Genossenschaft werden möchte.